Es ist vollbracht

Die Kupferplatte hat nach der Strichätzung insgesamt sieben Flächenätzungen über sich ergehen lassen müssen.
Diese waren allerdings wesentlich kürzer als die Strichätzung, nämlich jeweils nur 90 Sekunden. Auf der Fläche hat die Säure naturgegeben wesentlich mehr Platz und braucht entsprechend weniger Zeit um ihr ätzendes Werk zu vollbringen.
Arme Kupferplatte. Aber es ist ja für einen guten Zweck.

Jetzt möchte ich kurz auf das „Links ist rechts und hell ist dunkel“ aus Teil 1 eingehen.
Also, willkommen zu einem kleinen Exkurs in die Tiefen des Tiefdrucks.

Links ist rechts – ganz einfach: Beim Ausarbeiten der Platte muss ich spiegelverkehrt denken. Beim Druck fülle ich die Vertiefungen in der Kupferplatte mit Druckfarbe. Ich lege ein Blatt Büttenpapier darauf. Dieses drückt sich beim Durchlaufen der Druckpresse in die Vertiefungen und nimmt die Farbe auf. Die Grafik erscheint auf dem Papier korrekt.

Hell ist dunkel – auch einfach: Je länger die Säure auf die blanke Kupferplatte einwirkt, desto tiefer ätzt sie in die Kupferplatte hinein. Desto mehr Farbe kann ich an dieser Stelle auf die Platte aufbringen, ergo – desto dunkler wird an dieser Stelle die Grafik auf dem Papier.

Folglich decke ich zunächst alle Stellen der Platte mit Asphaltlösung ab, die im fertigen Bild weiß erscheinen sollen. Der Asphalt schützt die Platte vor der Säure.
Kein Säureangriff = keine Vertiefung = keine Farbe auf der Platte = weiße Fläche in der Grafik.

Das habe ich insgesamt sieben Mal durchgeführt, wobei ich jeweils die nächst dunklere Schattierung mit Asphalt abgedeckt habe.
Nach jeden Asphaltauftrag wanderte die Platte für 90 Sekunden in die Säure.
So erzeuge ich sieben Grautöne in der fertigen Grafik.
Bei der letzten Ätzung waren also nur noch die Teile der Platte ohne Asphaltabdeckung, die in der fertigen Grafik tiefschwarz erschienen sollen, also einige Schatten und zum Beispiel die Windschutzscheibendichtung des Mini.

Das war‘s auch schon.

Eine kurze Zusammenfassung der Ätzungen im Video


Nun wartet die Platte geduldig auf die Befreiung vom Asphalt und auf ihren ersten Druckeinsatz.

Erst dann wird sich zeigen, wie gut die Ätzungen geplant waren.
Das ist genau das, was mich an Radierungen so reizt. Die Ungewissheit, bis man endlich den ersten Papierabzug in den Händen hält.

Auch wenn ich sehr ungeduldig und auf das Resultat des ersten Abzugs gespannt bin, werde ich das wohl erst im Januar angehen.

Bis dahin frohe Festtage und einen guten Rutsch!