Gestern war ich nun endlich im Lichtspieltheater meiner Wahl und habe mir den Film angeschaut.
Viele Filmkritiker haben ihren Senf bereits dazu gegeben. Sie schauen sich einen Film natürlich nach filmischen, sprich dramaturgischen Kriterien an.
Meine Oldtimer-Passion hat mich auf einen anderen Pfad geführt. Mich haben die Fahrzeuge, die Rennszenen und die Rivalität zwischen Ferrari und Ford interessiert.
Mein Fazit: Daumen hoch, und zwar beide – absolut sehenswert! Und das nicht nur für Liebhaber alten Blechs, aber gerade für die!

Auch dramaturgisch glänzt der Film. Sehr spannend gemacht – Wie gern wäre ich damals dabei gewesen…

Ich muss gestehen – einige Male war ich überzeugt, durch den Popcorn-Duft hindurch Spuren von verbranntem Gummi und angekokelten Bremsbelägen zu riechen. Gibt es etwa schon Geruchskino?
Brain Fuck vom Feinsten!
Von den 152 Minuten war nicht eine langweilig.

Ich spare mir an dieser Stelle, die Handlung noch einmal zusammen zu fassen. Das können andere besser und viele haben es bereits getan. Google hilft.

Nur soviel: In den heutigen Rennserien, insbesondere in der Formel 1, steht vor allem die Technik im Vordergrund. Hier hat schon vor geraumer Zeit wie in nahezu allen Bereichen unseres Lebens die Digitalisierung Einzug gehalten.
In den 1960ern war das anders. Alles war analog, alles war rau und die Fahrer waren in der Lage noch selbst zu schrauben. Mussten sie auch.
Ich will keineswegs den heutigen Rennfahrern in Abrede stellen, dass sie technisch versiert sind. Allerdings war das damals noch eine ganz andere Nummer.

In dem Film geht es nicht so sehr um die Rivalität zwischen begnadeten Fahrern. Nein, der Hintergrund ist wesentlich größer – es geht um das Image zweier Autokonzerne. Es geht um Ford gegen Ferrari.
Das alles vor dem Hintergrund, dass Ford kurz vor der Übernahme des Sportwagenherstellers Ferrari gestanden hatte. Der Deal war fast unterschrieben und scheiterte im letzten Moment. Enzo Ferrari hatte die Bedingung gestellt, die Motorsportaktivitäten des Unternehmens zu leiten. Henry Ford II. gefiel dies nicht und er ließ persönlich gekränkt den Deal platzen. Das wird allerdings im Film etwas anders dargestellt.
Ferrari, ganz Schlitzohr, nutzte das Ford Übernahmeangebot dazu, den Wert seines Unternehmens nach oben zu treiben. Das Ganze gipfelte in einer Fusion mit Fiat. Öl ins Feuer des Herrn Ford!
Somit war die Rivalität auf einem persönlichen Level zwischen zwei Alphatieren angekommen.
Ford war fest entschlossen, sich für die Schmach an Enzo Ferrari auf der Rennstrecke zu rächen. Er musste nicht lange nachdenken, um das perfekte Rennen für seine Pläne auszumachen. Die 24 Stunden von Le Mans waren das Rennen seiner Wahl. In den zurückliegenden Jahren war Ferrari zur unschlagbaren Legende in Frankreich aufgestiegen.
Carroll Shelby, der texanische Rennwagen-Konstrukteur, der sich kurz zuvor durch seine AC Cobra einen Namen gemacht hatte, verhalf Ford zur ersehnten Rache. Zusammen mit dem britischen Rennfahrer Ken Miles entwickelte er den unvergessenen GT40.
Beim Rennen 1966 in Le Mans entmachtete der GT40 Ferrari. Die Niederlage war desaströs. Ford belegte die Plätze 1, 2 und 3. Die drei Fahrzeuge überfuhren die Ziellinie auf Grund von Stallregie nahezu gleichzeitig. Ein ordentlicher Knacks, wenn nicht gar ein tiefer Riss im Ego Enzo Ferraris.

Das Ford-Siegerfahrzeug erreichte mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 210,8 km/h erstmals einen Schnitt von über 200 km/h über das gesamte Rennen.

Ken Miles, der eigentliche Held des Films, wurde auf Grund interner Ford Machenschaften und Regularien nur Zweiter im 1966er Le Mans Rennen, obwohl er bis kurz vor Rennende noch einige Runden vorn gelegen hatte.

Er verunglückte nur wenige Wochen nach dem Rennen bei einer Testfahrt mit einem Ford Prototypen tödlich.
Carroll Shelby starb im Mai 2012 im Alter von 89 Jahren.

Das wirklich Bemerkenswerte am Film sind die Autos, ist der Sound, sind die Rennszenen, die mit viel Aufwand und nahezu ohne Special Effects gedreht wurden.

Natürlich kamen nicht die Original-Fahrzeuge vom 1966er Rennen zum Einsatz. Aber was für den Film herangezogen wurde, kann sich sehen lassen.
So ist ein Star des Films ein GT40 Mk3 von 1967. Er unterscheidet sich optisch von den 1966er Fahrzeugen im Frontbereich vor allem durch die bulligeren Scheinwerfer. Vom Mk3 wurden nur sieben Exemplare gebaut.

Zudem sind im Film u.a. folgende geschichtsträchtige Fahrzeuge zu sehen:
Ferrari 250 SWB von 1961, Ferrari 625/250 TRC von 1957, die erste Shelby Cobra von 1962 sowie Ferrari 212/225 Barchetta von 1952.
Der Scaglietti Ferrari 625 TRC hat eine interessante Geschichte – er gewann in 1962 ein Rennen in Santa Barbara. Am Steuer saß kein Geringerer als Ken Miles, der tragische Held des 1966er Ford Le Mans Erfolgs.

Meine Empfehlung für den Film: Wenn sich die Möglichkeit ergibt – anschauen!

GT40 in der Box
GT40 beim Rennen in Michigan

Die Fotos des GT40 habe ich in den 1990ern in den USA aufgenommen.