Eine (nicht ganz) ernst gemeinte Betrachtung der Fakten

Seit dem 1.3.2007 gibt es für Youngtimer keine offizielle Anerkennung mehr. Das ist Fakt.

Grundsätzlich war das Thema immer eng verwoben mit der Sehnsucht nach der roten 07er-Nummer, die es dem Fahrzeughalter ermöglicht, sein Fahrzeug unter Einschränkungen auch ohne TÜV im Straßenverkehr zu bewegen – und das obendrein mit einem vergünstigten Steuersatz.
Vor besagtem Datum bestimmte eine „Verordnung über Ausnahmen von den Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO)“, dass die roten Schilder an Halter eines oder mehrerer alter Fahrzeuge ausgegeben werden können. Es gab weder einen Rechtsanspruch noch eine klare Altersgrenze. Vielerorts galt aber die 20-Jahre-Regelung.

Der Gesetzgeber gab keine klare Stoßrichtung vor. Stattdessen delegierte er die Entscheidung an die Zulassungsbehörden, was zu allerlei Wildwuchs führte.

Die Folge: In manchen Landkreisen sah man Gefährte mit 07er-Kennzeichen, die soweit von kraftfahrzeugtechnischem Kulturgut entfernt waren wie der Papst von der Silberhochzeit.

Am 1.3.2007 war Schluss mit diesem Wildwuchs.
Fortan galt nur noch eine verbindliche Zahl, und die hieß 30.
30 Jahre musste das Gefährt alt sein, um in den erlauchten Kreis derer zu gelangen, die sich gleichermaßen die 07er-Nummer oder das H-Kennzeichen anschrauben lassen durften.

Soweit so gut. Landläufig reden wir natürlich noch immer von Youngtimern und meinen damit Fahrzeuge im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Manchmal benutzen wir die Bezeichnung auch für jüngere Fahrzeuge, insbesondere, wenn es sich um sehr sportliche Autos oder recht seltene Exemplare handelt.

Grundsätzlich macht es keinen Unterschied, da es seit 2007 unter 30 Jahren keine Vergünstigungen oder Erleichterungen für den Fahrzeughalter gibt.

Die Frage, die sich aber in Zeiten der rasant voran schreitenden Elektromobilität und des autonomen Fahrens mehr und mehr aufdrängt ist:
Haben unsere „Youngtimer“ kurz- oder mittelfristig eine Überlebenschance?

Die Anerkennung als kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut gewährt einem Fahrzeug einen gewissen Schutz, eine – wenn auch eingeschränkte – Legitimation, sich auf unseren Straßen zu bewegen.

Das Nichtmehrvorhandensein der 07er-Nummer für Fahrzeuge jüngeren Datums, nimmt ihnen diesen Schutz und macht sie quasi zu Freiwild. Vorbei ist es mit „erhaltenswert“ und „Kulturgut“.

Bislang stellt das noch kein Problem dar. Man zahlt etwas mehr Steuern und fährt mit dem ganz normalen Nummernschild wohin und wann man will.

Mit den immensen Fortschritten bei E-Mobilität und autonomem Fahren wird sich dies jedoch schnell ändern.

Ältere Fahrzeuge mutieren von gleichwertigen Verkehrsteilnehmern zu gefährlichen Hindernissen. Zu unberechenbaren, nicht kommunizierenden Objekten.

Die Entwicklungsabteilungen der Fahrzeughersteller und der großen Automobilzulieferer arbeiten fieberhaft an Algorithmen, die die unterschiedlichsten Verkehrs- und Gefahrensituationen abbilden. Dies gelingt bislang mehr schlecht als recht und ist noch weit entfernt von „100% sicher“ und „absolut verlässlich“.

Wieviel einfacher könnte es doch sein, wenn gleich eine ganze Gruppe potenzieller Unfallursachen von den Straßen verschwände? Nichts anderes sind ältere, nicht-kommunikationsfähige Fahrzeuge für die autonome Struktur. Stumme, dumme Metallklötze, die sich viel zu schnell, unberechenbar und ohne Rücksicht bewegen.

Unsinn, denken sie? Warten wir ab und schauen uns das Thema in fünf Jahren noch einmal an.

Zu hoffen bleibt, dass zumindest die Oldtimer, also die mit den roten 07er-Nummern und den H-Kennzeichen, ihren Schutz-Status behalten und wir diese auch zukünftig ab und an für ein paar Kilometer auf öffentlichen Straßen bewegen dürfen.

Damit sollten auch die Autonomen zurecht kommen.

Ich jedenfalls habe wenig Lust, mein Schätzchen Sonntagmorgens vor Sonnenaufgang verstohlen aus der Garage zu schieben, auf den geschlossenen Hänger zu packen, ein paar hundert Kilometer autonom zu einem eingezäunten „Oldtimer-Fahrgelände“ gefahren zu werden, um dort für ein oder zwei Stunden mit Gleichgesinnten herumzugurken, bevor es per Hänger wieder autonom zurück in die Garage geht. Die hämischen, hasserfüllten Blicke der Nachbarn lasse ich hier noch außer Acht.

Ich finde, man darf es den Entwicklern autonom fahrender Fahrzeuge nicht so leicht machen. Sie sollten dazu angehalten werden, einen Oldtimer-Algorithmus mit einzupflegen, der das autonom fahrende Etwas zu äußerster Vorsicht und Rücksicht mahnt, sobald ein mobiles Kulturgut erkannt wird.
Ja, die Softwareentwickler sollten pauschal eine Notbremsung mit einprogrammieren. Der Aufkleber am Heck „Ich bremse auch für Kulturgut“ würde somit zur Serienausstattung, damit nachfolgende Autonome stets vorbereitet sind.

Die Kulturgut-Erkennung ließe sich sehr einfach verwirklichen: Neben dem kamerabasierten Registrieren der roten Nummer fungiert redundant ein Geruchssensor, der auf verbranntes Öl kalibriert ist.
Da könnten sich dann wohl auch einige Youngtimer mit durchmogeln.

Für den großen Rest hilft nur eins: In der Garage verweilen, bis die 30 Jahre voll sind.